Jeder, der mal in Thailand war, erinnert sich nicht nur an das tolle Essen und die freundlichen Menschen, sondern auch an den unglaublichen Verkehr.
Damit sind nicht nur die kilometerlangen Staus gemeint, sondern auch die Art und Weise, wie in Thailand gefahren wird. Nicht umsonst wird Thailand unter den Ländern mit den meisten Unfalltoten weltweit aufgeführt (2019 auf Rang Nummer 9).
Charakteristik des thailändischen Verkehrs
- So schnell wie möglich,
- Geschwindigkeitsbegrenzungen werden ignoriert,
- durchgezogene oder doppelte Linien werden überfahren,
- geblinkt wird selten,
- jede Lücke wird ausgenutzt,
- auch auf dem Standstreifen wird gefahren und überholt,
- links überholen ist üblich (Rechtsverkehr!),
- Kreisverkehrsregelungen gibt es nur auf dem Papier, denn keiner hält sich dran oder kennt sie überhaupt,
- Aufblenden bedeutet „Achtung ich komme“ und nicht „ich lasse dich vor“,
- LKW und Vans (und manchmal auch Pickups) haben immer Vorrang, egal wie die Lage ist,
- beim Einbiegen auf die Hauptstraße wird selten Gas gegeben, sondern mit langsamer Geschwindigkeit eingefädelt, sodass alle nachfolgenden Fahrzeuge die Spur wechseln müssen,
- dasselbe beim Einbiegen in eine Nebenstraße – es wird derart die Geschwindigkeit reduziert, dass man denkt, der Fahrer würde sein Fahrzeug um die Ecke „tragen“ wollen.
- Bei Rot über die Ampel zufahren oder links abzubiegen bei roter Ampel, ist normal.
- Alkoholisiert am Steuer während der Feiertage.
- Während der Fahrt werden Filme geschaut und am Smartphone gezockt.
- An der Ampel dauert es, bis man als Autofahrer losfahren kann, weil erstmal alle Motorräder dran sind und die Autofahrer noch ins Handy vertieft sind.
Das einzig Positive: Es wird so gut wie nie gehupt.
Und natürlich – dies sind nur meine Erfahrungen auf Phuket. Hier gibt es auch einen großen Anteil an Ausländern, die sich nicht gerade durch besondere Kenntnisse der Verkehrsregeln auszeichnen.
In anderen Teilen Thailands geht es durchaus gesitteter zu.
Gerade in Bangkok ist der Verkehr viel besser geworden – vermutlich auch deshalb, weil die Polizei häufiger einschreitet und Bußgelder verhängt.
Das sieht man auf Phuket selten – hier werden eher die Motorradfahrer auf Helm und Führerschein überprüft.
Wie verhält man sich am besten im Verkehr in Thailand?
Locker bleiben.
Nicht auf sein Recht pochen, auch wenn dies gerade deutschsprachigen Verkehrsteilnehmern (und auch mir als ehemaligem Verkehrsplaner) sehr schwerfällt.
Lassen Sie ruhig die anderen Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit vorbeiziehen. Ignorieren Sie
- das dichte Auffahren,
- dass ihnen im Kreisverkehr die Vorfahrt genommen wird,
- dass Autos kurz vor Ihnen, ohne Lichtzeichen zu geben, einscheren
- und vieles andere mehr …
Bevor Sie an einer Ampel losfahren, die Grün wird, achten Sie auf die Kreuzung, ob wirklich keiner mehr kommt. In Thailand wird gerne noch bei „Kirsch-Rot“ (gerne auch 3 Sekunden danach) gefahren. Diese Fahrer blenden dann noch rücksichtsvoll mit Licht auf oder hupen.
Was es mir ein wenig einfacher macht, ist die Erinnerung an eine Regelung aus den USA: Dort gibt es das 4-Way-Stop-Schild. An einer Kreuzung muss jeder halten (Stoppschild). Es darf der zuerst fahren, der zuerst an der Kreuzung ist. Man muss also genau aufpassen und dies gilt besonders für Thailand.
Achten Sie immer auf die anderen Autos und besonders auf die Motorräder, für die eigentlich gar keine Regeln gelten. Sie fahren noch schlimmer als die Autos.
Motorradfahrer im thailändischem Verkehr
Motorräder dürfen nach thailändischem Verkehrsrecht eigentlich nur links fahren. Doch dies werden Sie in der Praxis nie feststellen.
Bei Motorrädern müssen Sie mit folgendem rechnen:
- unerwartetes einscheren, ausscheren, beschleunigen und manchmal auch bremsen.
- Besonders beliebt: links langsamer fahren als normal und rechts blinkend, dabei aber nie wirklich abzubiegen (weil einfach nur vergessen worden ist, den Blinker abzustellen).
- Sie fahren auf der rechten Spur und plötzlich taucht ein Motorradfahrer vor Ihnen auf, der am nächsten U-Turn rechts fahren möchte. Meistens ist dieser U-Turn noch 1 Kilometer entfernt und wenn es dunkel ist, hat das Motorrad kein Licht.
Besondere Vorsicht bei Salengs
Ein Saleng ist ein Motorrad mit umgebauten Beiwagen, in dem Lebensmittel, Güter oder auch Menschen transportiert werden – es ist aber kein Tuk Tuk!
Diese Art von Motorrad ist schwer zu fahren und zu lenken. Meistens sind diese Fahrzeuge langsam und ohne Licht. Deren Fahrer benehmen sich ähnlich wie die LKW. Ich fahre, also bin ich.
Mir ist es ein Rätsel, dass Salengs nicht ständig Opfer eines Verkehrsunfalles werden.
Im Verkehr als Fußgänger
Als Fußgänger sind Sie praktisch nicht existent im Verkehr – Sie haben keine Rechte. Egal ob Ampel oder Zebrastreifen, man wird Sie ignorieren. Achten Sie hier besonders auf sich!
Meine erste Erfahrung an einer 3-spurigen Hauptstraße in Bangkok ist gerade noch gut ausgegangen. Ich betätigte eine Fußgänger-Ampel und wartete auf Grün. Als dies der Fall war, betrat ich die Straße (guckte aber nach links statt rechts, weil ich den Linksverkehr nicht gewöhnt war), der Weg war frei – im nächsten Augenblick nahm ich einen durchgängigen Hup-Ton wahr und ein Mini bretterte mit ca. 70 Sachen an mir vorbei. Bremsen, Rotlicht beachten? Fehlanzeige.
Im Verkehr als Motorradfahrer
Falls Sie in Thailand ein Motorrad ausleihen, um die Insel oder Gegend zu erkunden, seien Sie bitte besonders vorsichtig. Es ist nur zu verlockend bei dem schönen Wetter ohne Helm und mit hoher Geschwindigkeit, die Freiheit des Motorradfahrens zu genießen.
Andere Touristen und Einheimische machen es ja auch.
Normalerweise würde ich jedem raten, erstmal die Krankenstation des nächsten Krankenhauses zu besuchen. Dort sehen Sie die Folgen, die durch unangepasste Fahrweise und fehlendem Helm eintreten.
Als Einheimischer wachsen Sie praktisch auf dem Motorrad heran. Schon als Baby werden Sie damit transportiert und spätestens mit 12 dürfen Sie schon selber mal fahren. Sie lernen also den Verkehr sehr früh kennen und entwickeln einen Instinkt dafür.
Das fehlt Ihnen als Tourist normalerweise vollkommen.
Also halten Sie sich an die Verkehrsregeln, halten sich links und tragen bitte auch einen Helm.
Kann ich als Tourist ein Motorrad oder Roller ausleihen?
In Thailand können Sie ohne Führerscheinnachweis, einen Roller oder Motorrad ausleihen. Entweder direkt über das Hotel oder am Stand an der Straße.
Der Besitzer wird keine Fragen über einen Führerschein stellen. Er wird aber Ihren Ausweis sehen wollen. Diesen bitte niemals dem Verleiher überlassen! Manche wollen den Pass während der gesamten Ausleihzeit behalten. Das geht natürlich nicht.
Lassen Sie sich auch einen Helm geben und eine Telefonnummer, über den Sie den Verleiher erreichen können.
Sie haben keinen Motorrad-Führerschein?
Normalerweise ist das kein Problem, solange Sie keinen Unfall haben; besonders einen Unfall mit Personen- und/oder Sachschäden. Dann wird nämlich Ihre heimische Versicherung nicht für die Kosten aufkommen.
Welche Strafe droht beim Fahren ohne Führerschein?
Bei Verkehrskontrollen müssen Sie natürlich eine Strafe zahlen (etwa 1000 Baht).
Kurios: Mit dem Erhalt eines Strafzettels sind Sie für 24 Stunden gefeit vor jeglichen anderen Strafen im Straßenverkehr.
Ich habe einen Führerschein für Motorrad und PKW – damit sollten ja keine Probleme entstehen, oder?
Ihr Führerschein wird in Thailand nicht anerkannt! Sie sollten unbedingt einen internationalen Führerschein aus Ihrem Heimatland mitnehmen bzw. ihn dort beantragen vor der Reise.
Es ist chaotisch, aber funktioniert
Dies kann nur auf die besondere Achtsamkeit der Verkehrsteilnehmer zurückzuführen sein.
Auch wenn der Großteil der Fahrer keinen Führerschein hat und die Verkehrsregeln nicht kennt, kommen die meisten sicher zu Hause an.
Die Statistiken sagen allerdings etwas anderes:
2020/21: 32.190 Verkehrstote (37% Pickups, 70% auf gerader Straße, 43% Überschlagen auf gerader Strecke, 78% Geschwindigkeitsübertretung. (Quelle: Der Farang).
7 Tage, 463 Tote: Besonders schwere Verkehrsunfälle während der Feiertage (Quelle: Luzerner Zeitung)
Januar 2024: 256 Tote und 2.106 Verletzte (Quelle: Der Farang)
Wie man sieht, passieren die meisten Unfälle während der Feiertage. Dies ist dann gepaart mit überhöhter Geschwindigkeit und Alkohol.
Laut diesem Bericht gingen die Unfallzahlen in Thailand zurück und es gibt eine Initiative zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Leider war der Rückgang nur Covid bedingt und die Zahlen steigen wieder.
Der Verkehr und der Mönch
Besonders interessant ist der Aberglaube der Thailänder: Ein neues Auto wird von einem Mönch geweiht und damit ist man nun geschützt vor jedwedem Unheil auf den Straßen. Man muss also keine Angst vor Unfällen haben oder die Fahrweise an die Gegebenheiten anpassen.
Mein Fazit als Verkehrsplaner
Hier in Thailand lebend, war und ist die Anpassung an den Verkehr eine große Herausforderung für mich. Als Verkehrsplaner bin ich feste Regeln im Straßenverkehr gewohnt und Fahrspuren und Lichtsignal-Anlagen (Ampeln) haben ihre Wichtigkeit und Bedeutung. Wenn dies alles durch die Verkehrsteilnehmer aus den Angeln gehoben wird, ist man schnell den Emotionen Ärger, Unsicherheit und Angst ausgeliefert. Glücklicherweise konnte ich mich nach und nach an das neue Umfeld gewöhnen und konnte bislang unfallfrei meine Zeit auf Phuket genießen.