Sobald man die Hauptstraße verlässt, um zum Tempel zu gelangen, schmücken massenhaft Hühnerstatuen die lange Straße bis zum Tempel Wat Chedi Ai Khai. Sie stehen zum Verkauf, um später im Tempel gespendet zu werden. Doch das bunte Bild der vielen farbenprächtigen und glitzernden Hühnern, die den Wegrand zieren, ist sowohl befremdlich als auch beeindruckend.
So viele Hühnerstatuen haben Sie sicher noch nie gesehen!
Was steckt hinter dem Tempel Wat Chedi Ai Khai?
Ai Khai bedeutet soviel wie „Eierjunge“ oder „kleines Ei“, doch wer ist dieser Junge und warum wurde ein Tempel nach ihm benannt?
Auf meinen Reisen durch Süd-Thailand habe ich erstaunliche und interessante Sehenswürdigkeiten besucht, wie z.B. diesen Tempel.
Wat Chedi Ai Khai ist ein außergewöhnlicher Tempel und befindet sich in Nakhon Si Thammarat, im Süden Thailands. Auch bekannt als der „Hühnertempel“ oder „Good luck temple“ (Viel Glück Tempel).
Der Legende nach war Ai Khai in der Ayutthaya-Zeit ein junger Schüler eines höchst verehrten Mönchs mit dem Namen Luang Phu Thuad aus dem Süden Thailands. Auf ihren Reisen kamen sie zu diesem Ort, wo heute der Tempel Wat Chedi steht. Der Mönch hatte viele Schätze und wichtige religiöse Funde entdeckt und bat Ai Khai dort zu wohnen. Ai Khai´s Aufgabe war es, diese Schatzkammer zu bewachen, an der Stelle wo sich heute der Tempel befindet. Angeblich ist der junge Novize in einem nahegelegenen Fluß ertrunken. Die Gläubigen sind der Überzeugung, daß seine Präsenz in Form eines Geistes, immer noch in den Räumlichkeiten des Tempels umherwandelt.
Ai Khai ist übrigens ein geläufiger Spitzname im Süden Thailands, der allgemein für kleine Buben verwendet wird.
Während sich andere Teile des Landes aufgrund der Pandemie noch in einer mehr oder weniger wirtschaftlichen Flaute befinden, ist die Popularität dieses Tempels (Wat) enorm gestiegen. Besonders inländische Touristen strömen in Scharen in die südliche Provinz, um vor der Statue des Jungen zu beten. Wenn Wünsche erfüllt werden, spendet man Hühnerstatuen und zündet Feuerwerkskörper in einem dafür vorgesehehen Außenbereich. Je mehr Glück einem beschert wird, je größer die gespendeten Hühnerfiguren. Genauso gehören Tarnuniformen, schwarze Brillen und Steinschleudern zu den beliebten Spenden als Gegenleistung für die erhaltenen Gefälligkeiten. Der ohrenbetörende Lärm von Feuerwerkskörpern spricht Bände bezüglich des Vertrauens der Menschen in den Geist des Jungen und dessen Kraft, irdische Wünsche zu erfüllen.
Gemäß Schätzungen besuchen monatlich mehr als 300.000 Besucher den Tempel, was der lokalen Wirtschaft und dem Tourismus einen enormen Schub verschafft. Dank des Vertrauens der Menschen in Ai Khai haben sich die Flüge in die Provinz von 14 auf mehr als 30 Flüge täglich gesteigert, wobei viele inländische Fluggesellschaften neue Flüge in die Provinz einführen. Hotelzimmer sind oft weit im Voraus ausgebucht. Dieser Wirtschaftsboom hat sich auf bestimmte Bezirke beschränkt und leider nicht gleichmäßig über die ganze Provinz verteilt. Es profitieren die Sektoren Tourismus, Gastgewerbe, Verkehr sowie Dienstleistungen, während z.B. die Landwirtschaft wenig davon hat. Dennoch in Zeiten einer Pandemie eine erstaunliche Entwicklung!
Infolgedessen hat Nakhon Si Thammarat im letzten Jahr unter 55 aufstrebenen Tourismusprovinzen die meisten Einnahmen erzielt. Es wurden jedoch Fragen aufgeworfen, ob diese enorme Beliebheit nur eine vorübergehende Modeerscheinung ist ähnlich die den Look Thep (Kindergott-Puppen) oder dem Jatukham Ramathep-Amulett-Wahnsinn vor mehr als einem Jahrzehnt. Allerdings soll der kometenhafte Aufstieg des Ai Khai andere Umstände haben. Der Tempel hat die Einnahmen systematisch verwaltet und mit den umliegenden Gemeinden gut zusammengearbeitet. Im Jahr 2020 hat der Tempel 10 Millionen Bath an das Maharaj Nakhon Si Thammart Krankenhaus für den Kauf medizinischer Ausrüstung gespendet und verfolgt andere gute Zwecke.
Im Wat Chedi hat die Tempelverwaltung einen genau definierten Plan, um mit dem Vermögen des Tempels wohlüberlegt umzugehen. Es soll auf keinen Fall der Eindruck einer Kommerzialisierung des Buddhismus entstehen. Original Ai Khai Amulette sind nur im Tempel erhältlich und diejenigen, die ein Amulett kaufen möchten, müssen sich registrieren und haben Anspruch auf nur jeweils ein Amulett.
Der stellvertretende Abt des Wat Rakhang Khositaram in Bangkok mahnte allerdings zur Vorsicht. Es sei durchaus legitim an Ai Khai zu glauben, dennoch sollten sich die Menschen bemühen, sich von Wissen und Weisheit leiten zu lassen. Das Vertrauen an einen Aberglauben sei kein Ersatz für harte Arbeit und eine richtige Karriere. Die Lehren Buddhas dürfen niemals in den Hintergrund treten und Aberglaube darf nicht im Vordergrund stehen.
Wie kam es zu der Beliebtheit dieses Tempels?
Das Interesse an Ai Khai war gewachsen, nachdem sich herumgesprochen hatte, daß den Besuchern des Tempels Wünsche wie Lotteriegewinne, geschäftlicher Erfolg und die Wiederbeschaffung verlorener oder gestohlener Gegenstände in Erfüllung gingen.
In einem Pavillon auf dem Gelände des Tempels steht eine Holzstatue des Jungen in Tarnkleidung und schwarzer Brille. Sein Alter wird auf neun oder zehn geschätzt. Darin soll angeblich der Geist von Ai Khai wohnen. Der Haupteingang des Wat Chedi ist mit unzähligen Hahn- und Hühnerstatuen in allen Größen geschmückt.
Wat Chedi war mehr als 1.000 Jahre lang ein verlassener Tempel. Er wurde 1957 renoviert. Nach der Renovierung kamen Leute in den Tempel, um dort zu übernachten. Überlieferungen zufolge war es den Gästen unmöglich Schlaf zu finden, denn mysteriös nächtliche Störungen hielten sie davon ab. Erst als die Übernachtungs-Gäste dahinter kamen, Ai Khai´s Name laut auszusprechen und um Vergebung zu bitten, fanden sie ihre Nachtruhe.
Viele Jahre später schickte die Regierung etwa Hundert Soldaten, um sich vorübergehend im Wat Chedi niederzulassen. Als die Soldaten schlafen wollten, hatten sie das Gefühl, daß ein Kind sie an Armen und Beinen zog oder ihnen mit einer Waffe auf den Kopf geschlagen wurde. Am Morgen hatten die Soldaten den Dorfbewohner ihre Geschichte erzählt und um Rat gefragt. Die Dorfbewohner kannten die Sage und hatten die Lösung parat. Die Soldaten sollten vor der Zubereitung ihrer Mahlzeit den Namen Ai Khai erwähnen. Gesagt – getan und siehe da, in der Nacht konnten sie ohne Strörungen durch den Kindergeist angenehm schlafen.
Warum ausgerechnet Hühnerstatuen?
Es gibt Gerüchte, daß der kleine Ai Khai großer Fan von Hahnenkämpfen war. Tatsächlich gibt es in unmittelbarer Nähe seiner Statue im Wat Chedi einen eingezäunten Kampfplatz, wo zwei Hähne aufeinander losgehen. Wenn man dem überlieferten Klatsch und Tratsch vor ca. 250 Jahren Glauben schenken mag, war der Hahn oder das Huhn Ai Khai´s Lieblingstier.
Dieser für uns eher befremdliche und brutale Wettbewerb fand bereits 517 v. Chr. in China statt und war damals ein königlicher Sport. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sich dieses Freizeitvergnügen fast weltweit verbreitet. In Europa sind Hahnenkämpfe gesetzlich verboten und gelten als Tierquälerei.
In Südostasien sind solche Kampfspiele seit Jahrhunderten kulturell tiefverwurzelt und legal. Wegen der hohen Wettumsätze mischen leider immer mehr kriminelle Organisationen mit.